Mittwoch, 6. Januar 2016

Tischgespräche, Eheglück und andere Themen von Bord...


Mehrfach am Tag hat man eine neue Chance. Wie beim Lotteriespiel.
Meidet man diese Begegnungen der unbekannten Art, bleibt man seinem zugewiesen Tisch und, was ja für alle strengstens zu gelten scheint, seinem Stuhl treu.
Letztere Variante ist, auf unseren Tisch bezogen langweilig und nur erträglich, weil wir zu Viert eine vergnügte Mannschaft bilden, die vom Rest am Tisch argwöhnisch beäugt wird.
Über den Tisch gespannt gibt es  nämlich eine unsichtbare Linie, die nur gelegentlich von kurzen verbalen Ausreißern übertreten wird.
Eine Person wirft nur mit bösen Blicken um sich, eine andere ist eigentlich ganz nett, aber akustisch im Abseits. Die Personen  3 und 4 setzen mit Vorliebe ihre Kirchenchormienen auf (es sind tatsächlich alle 4 Damen zu Hause im Kirchenchor!) und stecken die sorgfältig gekämmt und eingesprühten Köpfe zusammen. 
Alle miteinander sind begeisterte Zuhörer meines völlig humorlosen direkten Sitznachbarn, eines Beamten i. R. , dessen zentimeterlange Fingernägel mich zur steten Blickwendung nach links zwingen. 
In seinen Vorträgen geht es um SEINE Reisen, SEINE Freundin, seine, seine...
Zwei aus der Gruppe rechts grüßen übrigens die Gruppe links -das sind wir- selten oder nie...
Da gibt es viel mehr Abwechslung, wenn man sich auf einem Deck mit freier Platzwahl mal hier und mal dort niederlässt.
Heute zur Kaffeezeit hatte ich als Gegenüber einen netten Mann, der erzählte, dass er schon seit mindestens 30 Jahren mit seiner Gattin auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs sei. Dies sei vielleicht die letzte Tour, denn die Folgen seiner 4 Schlaganfälle machten ihm zu sehr zu schaffen. 
Leider verrutschte ihm im Gespräch regelmäßig die obere Zahnvollprothese nach rechts, sodass das Gespräch nicht ganz unkompliziert verlief. 
Er hatte aber schon Übung darin, sie mit horizontalen Mahlbewegungen vermeintlich unauffällig wieder an die richtige Stelle zu bugsieren.
Auf jeden Fall war die Unterhaltung  aufgeschlossener und interessanter als an unserem Rechts/Links-Tisch.
An anderen Tischen geht es heftiger zu. Da wird gemobbt, der Tisch verlassen und anderes mehr. Es soll aber auch nette Tischgesellschaften geben.


Der Pool liegt auf dem Achterdeck.
Am Anfang ist er zu kalt, dann leer, später schwappt er zu sehr. Nun scheint alles in Ordnung zu sein.
Er ist an 3 Seiten von Tischen umgeben, sodass auch bei einer reinen Fischmahlzeit während des Essens genügend Fleisch geboten wird.
Vom Dauerschwimmer, zum Planscher, Abkühler und hin bis zum Toten Mann ist alles dabei. 
Nur für Streckenschwimmer wird es eng.

Die Sportmeile ist für die Läufer da. 
Das sehen aber einige nicht so. 
Obwohl überall genug Platz ist, zerren sie sich eine Liege über das halbe Deck, um genau am Bug den halben Weg zu versperren.
Ein Witzbold sitzt dort gerne auf dem Boden herum, und nicht nur ich habe ihn gefragt, ob ich ihm aufhelfen könne, weil er nämlich wie ein Hingefallener aussieht.
So kann man auch an Seetagen seine Erlebnistour machen und seinen Spaß haben!
Nachher kommt der Klabautermann, die besten Plätze sind schon seit 1 Stunde besetzt, die nächstbesten reserviert!

Im Zeitalter der hohen Scheidungsraten erlebt man hier auf dem Schiff noch vorsintflutliche Verhältnisse. 
Paare berichten, sie seien 46 Jahre verheiratet. Andere haben einen dementen Partner im Schlepptau und wirken trotzdem nicht erschöpft oder genervt.
Die vielen Witwen, die sich an Bord tummeln, berichten mit traurigen oder strahlenden Augen von dem Verblichenen, je nachdem wie lange das Trauererlebnis zurück liegt.
Eine 88-jährige bricht zB plötzlich in Tränen aus, weil der Gatte ihr in den Sinn kommt.
Nicht eine einzige scheint ein missratenes  Exemplar erwischt zu haben. Eine derartige Auslese ist mir unerklärlich, vielleicht liegt es ja an der Seeluft oder dem Klima speziell auf der Albatros.
Vielleicht aber wäre ja das Glück einer langen Ehe für jeden möglich, der mit dem Partner regelmäßig auf Schiffsreise -bevorzugt die Albatros- geht. 
Oder er hinterlässt der Frau genügend Geld, damit sie dann seinen exzellenten Ruf posthum über die Weltmeere verbreiten kann!


Nur zu und Leinen los !


1 Kommentar:

  1. An Unterhaltung scheint es ja nicht zu mangeln! Also weiter so! Das erste Bild sollte uns das schöne Büffet zeigen, aber davon sieht man nur einen schmalen Streifen. Dafür eine lange Reihe von schööönen Kellnern...., na, na! H.

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