Frau und Herr Stockfisch

Das Schiff bewegt sich nun schon auf der Höhe von Marrakesch. Endlich kann der dicke Mantel weg, und man kann auf Deck 9 seine kleinen Runden drehen, ohne Gefahr zu laufen, von Bord geweht zu werden.

Und draußen Frühstücken klappt auch.

Auf 9600 Schritte habe ich es bis zum Sonnenuntergang geschafft. 

Das Stück Erdbeertorte ist damit fast abgearbeitet.

Einen luftigen Weihnachtsbaum haben wir auch dabei, er fällt mir erst heute auf.

Viel los ist nicht, aber langweilig ist mir trotzdem nicht. Erstaunlich, den 5 ganze Seetage habe ich schon hinter mir.

Ich lese, schlafe, esse, unterhalte mich oder stelle meine Beobachtungen an. 

Es bleibt bei so wenig Urlaubserlebnissen  - bisher jedenfalls- nicht aus, dass man sich mangels anderer Ablenkungen auch mit den lieben Mitreisenden beschäftigt.

ZB mit unseren Kabinennachbarn, ein Paar aus der Gattung der Stockfische.

Sie grüßen nie, haben den Blick kurz über 1m 60  gehoben, somit ist ein Zusammentreffen unserer Augen ausgeschlossen.

Gestern war es erforderlich, dass einer von uns dem Herrn ausweichen musste, da im engen Flur Wagen herumstanden.

Rita wich wie selbstverständlich freiwillig aus, ich tat es ihr gleich, habe mich aber umgehend laut bei ihm bedankt, dass ich ihn vorbeilassen durfte. 

Seine Miene zeigte keine Regung. 

Ich ahne wieso!

Er könnte auf der verzweifelten Suche nach seiner Kinderstube sein, die ihm in den Wirren der Kriegsjahre abhanden gekommen ist.

Der Arme!

Aber er durfte heute den gleichen schönen Sonnenuntergang erleben wie ich.
So gerecht geht es hier zu.